Gedichte zum Hochzeitstag



Aus Nizza

Am Hochzeittage.

Im Duft des Meers - weithin erdröhnt sein Tosen,
Im Hauch der Mittagswind' - ich spür' ihr Glühen,
Wohl mögen hier am rauhsten Fels erblühen
Der Blumen viel und Hag an Hag die Rosen.

Doch nicht von diesen pflück' ich aus den Moosen
Heut einen Strauß mit zärtlichem Bemühen:
Sie taugen nicht in solches Tages Frühen
Von unser beider Lieb' und Treu zu kosen.

Was ich zu Gruß und Kuß dir heut entsende,
Nicht wuchs es hier, nein, in der Heimat Grunde
Schlug Wurzel es und trieb es seine Blüte.

Da wurzl' ich selbst, und Herz und Aug' und Hände
Richt' ich in jeder dieses Tages Stunde
Zur Heimat hin zu deiner Lieb' und Güte.

Wilhelm Wackernagel


Am Hochzeittage

Der Hornung sei kein Frühlingsmond,
Nein, immer noch ein Stücklein Winter.
Meinthalben! Aber schau, es wohnt
Der Frühling doch ganz nah dahinter.

Und wer nun gar im Februar
Ein liebes Weib sich hat genommen,
Dem ist auch schon so früh im Jahr
Der schönste Frühling selber kommen.

So laß denn heut, da achtzehnmal
Wir schon der hohen Zeit gedenken,
Laß dir im Hornungsmorgenstrahl
Die ersten Frühlingsblumen schenken!

Wilhelm Wackernagel


Meinem Bruder zum Hochzeitstage

Der erste Mai! Wie ist er schön in seinem Prangen,
Wie lieblich duften Wiesen, Wald und Flur,
Das Menschenherz, im ungestillten Glutverlangen
Lobpreiset freudig jubelnd die Natur!

Der erste Mai! wie herrlich wird er euch erscheinen,
Geliebtes Pärchen, ganz vom Glück umstrahlt!
Wie werdet ihr an diesem Tag voll Wonne weinen,
Dass endlich ihr vereint - durchs Leben wallt!

Nach langem Kampf, getrennt, voll Liebesangst und Sorgen
Habt ihr das heißersehnte Ziel erreicht -
Der Himmel gäb' - dass, wie an diesem holden Morgen,
Das Glück auch nie von eurer Seite weicht!

Dass ihr in inn'ger Liebe hängt und steter Treue
Einander an bis an das Lebensend',
Dass dieses Tages schönste, höchste Lebensweihe
Auch jeden Gram und Kummer von euch wend'! -

Dem holden Mai sei gleich von nun an euer Leben,
Wo süße Blumendüfte durch die Fluren wehn -
Der reinste Herzensfriede soll euch stets umschweben,
Nie soll die Sonn' des Glück's euch untergehn!

Dies ist der heiße Wunsch, das Flehn an diesem Tage
Des Schwesterherzens, das im fernen Land
Gleich innig liebt zu jeder Stund, in jeder Lage
Den besten Bruder, der es nie verkannt!

So lasset heut von mir euch tausend mal begrüßen
Als glücklich' neuvermältes Ehepaar,
Kommt an mein Herz, lasst euch im Geist umarmen, küssen,
Und werdet meiner Liebe so gewahr!

Wird dir der Abschied schwer, o Schwester, von den Deinen,
So blick' getrost in des Geliebten Herz,
Da wirst vergessen du das Weh - wirst nicht mehr weinen
Und fühlen minder bang der Trennung Schmerz!

Da wirst du Heimat, Freunde, alles wiederfinden,
Da wirst beglückend, - selbst beglückt auch sein,
Nichts wird Dich mehr und süßer an das Leben binden
Als der Gedanke: Er, ja er ist mein!

Hermine Semseu de Semse


Zum Hochzeitstage

Gott sei mit dir in Vatertreue,
Er sei mit dir zu jeder Zeit;
Er gebe diesem Tag die Weihe,
Auf Ihn vertrau' in Freud und Leid;
Mit Ihn beginn' dein neues Leben,
Ihn flehe an um Glück und Heil:
Hast du stets deines Gottes Segen,
Ward dir das Köstlichste zu teil!
Des Herzens und des Hauses Frieden,
Der Liebe dauernd, reines Glück,
Durch Ihn allein ist dir's beschieden,
In Seiner Hand ruht dein Geschick.
O, mög' Er gnädig dir gestalten
Ein segensreiches frauenlos!
Mög' Er an deinem Herde walten,
Ob reich, ob arm; ob klein, ob groß,
In Ihm hast du ein still Genügen,
Die Liebe ist an sich schon reich!
Du lebst mit Gott, mit dir in Frieden
Und bau'st dir auf ein Himmelreich.
Nicht "Freude nehmen": "Freude geben!"
Sei deines Lebens schönstes Ziel,
Für ihn, der dir so lieb, zu leben,
Sei dir der Mühen nie zu viel.
In treuem Schaffen, stillem Sorgen,
Mit gottergeb'nem, frohem Sinn
Begrüßest du den jungen Morgen,
Flieh'n freudig deine Tage hin.
Und hat dein Leben seine Schatten,
Du trägst nicht einsam deine Last,
Du teilest sie mit deinem Gatten,
Der dich in Liebe treu zu hüten,
Und diese Liebe treu zu hüten,
Sei dir stets ernste, heil'ge Pflicht:
Die Früchte reifen aus den Blüten
Zerstör' die zarten Keime nicht!
Aus Kleinem baut sich auf das Leben,
Und unsichtbar ist oft die Kraft,
Die in geheimnisvollem Weben
Des Hauses Glück und Frieden schafft.
So strahle mild des Lebens Sonne,
Verkläre segnend euer Thun,
Laß euch in Freud, in Schmerz und Wonne
In eures Gottes Armen ruh'n!
Daß dankend ihr im später'n Leben
Des Tages denkt, der euch verband,
Daß, - Eins im Lieben, Eins im Streben,
Ihr treulich wandelt Hand in Hand.

Frederike Rohrbeck


Einem jungen Ehepaar

(bei der zweiten Wiederkehr des Hochzeitstages).

Zwei Jahre knien als Genien
An dieser Ehe Stufen,
Und älter sind die Engel schon,
Die einstens sie erschufen.

Sie traten mit dem ersten Tag
Der jungen Lieb' ins Leben,
Mit gegenseit'gem Herzensschlag
Und wonnigem Erbeben.

Die Engel müssen heute sich
Nach jener Wohl erkunden
Und diese sprechen: "Freudenvoll
Sind wir dahin geschwunden.

In heiterer Genügsamkeit
Am Abend wie am Morgen,
Trugen wir leichter, weil vereint,
Des Lebens kleine Sorgen.

Wir sahen auch mit jedem Tag
Des Fleißes Früchte reifen,
Und täglich freud'ger kann der Blick
In Näh' und Ferne schweifen!"

Da mir ein Engel heute schon
Der Genien Wort berichtet,
Halt' ich zu gratulieren mich
Berechtigt und verpflichtet.

Und was er meinem Ohr vertraut
Von eurer Zukunft Segen,
Das dufte aus dem Blumenstrauß
Euch träumerisch entgegen!

Ernst Fest


Blühendes Glück

Als wir für das Leben uns verbanden,
Ganz in Blüte stand der Apfelbaum,
Und sein weißer Schimmer floß wie Segen
Über uns und dieser Stube Raum.

Fast zu reich war dieser Blütensegen;
Denn die Früchte kamen schwer und dicht.
Um uns hüpft und lacht und lärmt und jubelt
Manch ein apfelwangig Angesicht.

Schwer hast du der Mutter Last getragen,
Und vor Sorgen war ich glücklich kaum;
Doch zum Trost an jedem Hochzeitstage
Tausendblütig prangt der Apfelbaum.

Wohl, ich weiß! Es möchte kindisch scheinen,
Daß wir dessen nicht schon längst gewohnt.
Blüten hat man leicht am Hochzeitstage,
Wenn man sich vermählt im Maienmond.

Traun, kein Kunststück! Jeder Narr berechnet
Dieses Wunder an den Fingern dir -
Und trotz alledem: ein süßes Wunder
Ist es immer meinem Weib und mir,

Dünkt uns, wenn wir still am Fenster stehen,
Wie ein Zauber, wie ein sel'ger Traum,
Daß an jedem Hochzeitstage wieder,
Immer wieder blüht der Apfelbaum.

Otto Ernst


Zum Hochzeitstage der Schwester

Nun, Schwester du im Kranz der Myrthen,
Nun sitzst du hier beim frohen Schmaus,
Bereit zur Reise dich zu gürten
In's fremde Land, zum eignen Haus.
Wie stets des Lebens Strom geflossen,
So nimmt auch deines heut' den Lauf:
Der neue Bund, den du geschlossen,
Die alten Bande löst er auf.

Noch einmal wende deine Blicke:
Bedenk, Gefahr ist nimmer da!
Dem selbst erkorenen Geschicke,
Dem Zug des Herzens folgst du ja!
Noch einmal laß dich jetzt gemahnen
An deine goldne Kinderzeit, -
Und dann, zieh' fröhlich deine Bahnen,
Und Fried' und Glück sei dein Geleit!

In deiner treuen Eltern Mitte,
An der Geschwister Hand geführt,
Vom ersten Laut, vom ersten Schritte
Hast unsre Liebe du gespürt.
Hinfloß im trautesten Vereine
Die Kindheit uns und - sie verrann:
Du unsre Jüngste, unsre Kleine,
Wie sehr gemahnst du uns daran!

So war's bei den Hellenen Sitte:
Sobald erwacht der Jungfrau Sinn,
Zum Tempelhaus der Aphrodite
Trug sie ihr Kinderspielwerk hin.
Als Weihgeschenk in heil'gen Räumen
Legt' sie's der Göttin in den Schoß
Und sagte von den Kinderträumen
Und allem Kinderspiel sich los.

Auch du, auch du trennst dich von Allen,
Die lieb und theuer dir bisher!
Wir dürfen nicht mehr mit dir wallen
Und dich beschirmen nimmermehr.
Dein Glück, wie sonst, dir zu bereiten,
Es steht nicht mehr in unsrem Rath:
Doch um so inniger geleiten
Dich unsre Wünsch' auf deinen Pfad.

Alexis Aar


Nachtgebet der Braut

O mein Geliebter, in die Kissen
ausweinen will ich meine Lust!
darf sagen nicht, nur wissen, wissen,
was also wogt in dunkler Brust!

Doch bin ich wachend dir enthalten,
so will ich mich im Traum dir nahn,
mich wie die Rose dir entfalten
und deine Sonnenglut empfahn

und deine Flammenküsse trinken,
dir Flammen küssend wiedersprühn:
bis lodernd wir zusammensinken,
in langen Schauern stumm verglühn.

Oh stiller Sehnsucht bange Wonne -
o stiller Sehnsucht sel'ge Qual -
oh Traum du, meiner Nächte Sonne -
o mein Geliebter - - mein Gemahl!

Richard Dehmel


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