Gedichte zum Polterabend
1.
Mit deinen großen, allwissenden Augen
Schaust du mich an, und du hast Recht:
Wie konnten wir zusammen taugen,
Da du so gut, und ich so schlecht!
Ich bin so schlecht und bitterblütig,
Und Spottgeschenke bring' ich dar
Dem Mädchen, das so lieb und gütig,
Und ach! sogar aufrichtig war.
2.
O, du kanntest Koch und Küche,
Loch und Schliche, Thür und Thor!
Wo wir nur zusammen strebten,
Kamst du immer mir zuvor.
Jetzt heirathest du mein Mädchen,
Theurer Freund, Das wird zu toll -
Toller ist es nur, dass ich dir
Dazu gratulieren soll!
3.
"O, die Liebe macht uns selig,
O, die Liebe macht uns reich!"
Also singt man tausendkehlig
In dem heil'gen röm'schen Reich.
Du, du fühlst den Sinn der Lieder,
Und sie klingen, theurer Freund,
Jubelnd dir im Herzen wieder,
Bis der große Tag erscheint:
Wo die Braut, mit rothen Bäckchen,
Ihre Hand in deine legt,
Und der Vater, mit den Säckchen,
Dir den Segen überträgt.
Säckchen voll mit Geld, unzählig,
Linnen, Betten, Silberzeug -
O, die Liebe macht uns selig,
O, die Liebe macht uns reich!
4.
Der weite Boden ist überzogen
Mit Blumendecken, der grüne Wald,
Er wölbt sich hoch zu Siegesbogen,
Gefiederte Einzugmusik erschallt.
Es kommt der schöne Lenz geritten,
Sein Auge sprüht, die Wange glüht!
Ihr solltet ihn zur Hochzeit bitten,
Denn gerne weilt er, wo Liebe blüht.
Heinrich Heine
(Polterabendscherz.)
Hu, da bin ich, der Weg war kalt,
Komme hoch oben vom Thüringer Wald,
Wo's stürmt und windet zu nächtlicher Zeit,
Das Wiesel raschelt, der Uhu schreit,
Da hab' ich mein Nest tief in Felsen versteckt,
Von keinem Menschenauge entdeckt.
Ihr fragt mich verwundert: wer bist du, sprich?
Die Wetterhexe nennt man mich,
Ich bin weitauf, weitab im Land
Durch meine tollen Launen bekannt,
Ich fege hin, ich fege her
Über die Berge, über das Meer.
Heut lockte mich das Hochzeithaus,
Sah so festlich in die Nacht hinaus,
Dachte: musst im Vorüberwehn
Mal nach den glücklichen Menschen sehn
Und sie warnen, dass sie traun!
Nicht immer auf gutes Wetter bau'n.
Bräutigam, du gefällst mir gut,
Hast in den Augen so treuen Mut,
Bräutchen, lieblich anzusehn,
Wirst du die Wetterprobe bestehn?
Wetter wechselt, wie es will,
Und nicht bloss im Mond April,
Nein, im schönsten Liebesmai
Ziehen Wolken oft herbei.
Brummt der Mann und schmollt die Frau,
Gleich wird der ganze Himmel Grau,
Und weg ist aller Sonnenschein -
Wie kann man auch so thöricht sein!
Hier bring' ich euch zur Hochzeit was,
Man nennt das Ding ein Wetterglas,
Dran könnt ihr alle Tage sehn,
Wie eure Wetteraktien stehn,
Und euch richten fein und klug
Nach der Wetterhexe Spruch:
"Wenn Regen droht, so schmückt das Haus,
Ist Sturm in Sicht, löscht's Feuer aus,
Dass nicht irgendwo im Gemüt
Ein gefährlicher Funke glüht,
Aber ziehn gute Tage herauf,
Macht Fenster, Thüren und Herzen auf."
Doch nun ade! Ich muss geschwind
Wieder enteilen in Nacht und Wind,
Lasse euch meinen Segen zurück,
Gott schenke euch Frieden, schenke euch Glück!
Mag blasen der Wind dann aus Ost oder West -
Die wahre Liebe macht wetterfest.
Clotilde von Schwarzkoppen
Mit einem Album und dem Brautkranz.
Ich bringe dir ein leeres weißes Buch,
Die Blätter drin noch ohne Bild und Spruch.
Sie sollen einst, wenn sie beschrieben sind,
Dir bringen ein Erinnern hold und lind;
An liebe Worte, die man zu dir sprach,
An treue Augen, die dir blickten nach. -
Drauf leg' ich dir von dunklem Myrtenreis
Den grünen Kranz, der aller Kränze Preis.
Nimm ihn getrost! Denn muß ich auch gestehn,
Er wird wie alles Laub dereinst vergehn,
So weiß ich doch, wenn Tag um Tag verschwand,
Hältst du den Zweig mit Früchten in der Hand.
Theodor Storm
(Eine alte Bauerfrau bringt der Braut Eier, Butter etc.)
Nu ben ich endlich doch oam rächta Oarte.
Do soll glä heute Polterobert sein?
Ich freete woll schonn droba ei dr Woarte,
Do hieß es oaber: "Nai, woas fällt euch ein?
Die hohe Aehre, die gebührt a andern;
Do müßt ihr hennte noch bis Frankstain wandern."
Ei meinem Alder darf ma nemme spassa -
Da Noama Frankstain hoatt ich rain vergassa.
Ihr wardt euch wondern, wie ich's hoa vernomma,
Oan wie ich ben zu euch dohar gekomma.
Mei Moan hot's aus a Bletern rausgelasa,
Doaß hier ne Hochzich manne solle sein.
Do sproach a: Hanne, mach nich erscht viel Wasa,
Du warscht woll, war de best noch ferner blein.
Geh flugs noch Frankstain off de Obergasse
Oan breng' da Leitlan woas zum Spasse!"
Ich macht mer glei de nene Scherze em
Oan kneppt mer flink doas schennste Bändla drem.
De Haube es woll schonn a wing zerdrückt
Oan nich mehr ganz, oals wie sich's hätt' geschickt;
Beim besta Wella konnt ich's nemme ändern.
Die Zeit verging, ich toarscht nie länger bändern.
Ich lief doarchs Haus, doarchsuchte jeda Winkel,
Steckt, woas ich foand zusomma ei da Pinkel
Oan macht mich mutterseelens ganz alläne
Hent früh ei Herrgots Noama off de Bäne. -
Ihr werdt woll etz, oan zwoar met Recht, euch denka:
Woas koan doas ale Pauerschweib ons schenka?
Nu liebes Bräutla, schau! ich ben erfoahrn.
Sol noch der Hoxt die Liebe nich derstarba,
Do mußt de kocha, brota, schmärn oan schmoarn.
Dermiet, do hot dersch moanche schonn vertarba.
Doaß du geschwende kemmst off oalle Schleche,
Brängt dir de Ale etwoas ei de Keche.
(Die Geschenke werden übergeben.)
Nu seid mir oach nie böse zu dam Scherze!
Etz hoa ich noch woas andersch off 'm Herze.
Bei euch gefällt mir's halt nu goar zu gutt;
Ich fühl's, 's wärd wieder jung doas ale Blutt.
Der Bräut'gam es zwoar vo a großa Herrn,
Doach en Kalupp tanzt ich met ehm woll gern
Oan möcht a Brinkel noch bei euch verziehn,
Eb ich tu wieder ei's Gebärge giehn.
Adam Langer
Woher, Alte, deine schönen
Launen? willst du uns erfreuen?
Willst du dich mit uns versöhnen?
Nein, die Alte will noch freien,
Nein, sie will, vor Thoresschlusse,
Humpeln noch mit lahmem Fuße,
Und um welchen Preis es sei,
Ei, ei!
Noch ein Tänzlein, oder zwei.
Hurtig, hurtig! liebe Lene,
Her die Schminke, die Perücke;
Bringe her mir meine Zähne,
Meinen Busen, meine Krücke;
Also will ich seiner harren. -
Hör' ich nicht die Thüre knarren? -
Ist er's? - Nein - es geht vorbei.
Ei, ei!
Töpfe werfen sie entzwei.
Testament und Ehepakten
Hat der Schreiber wohl geschrieben;
Beides nahm er zu den Akten,
Also darf ich frei ihn lieben.
Also will ich seiner harren. -
Hör' ich nicht die Thüre knarren?
Ist er's? - Nein - es geht vorbei.
Ei, ei!
Töpfe werfen sie entzwei.
Wird der Priester, wird der Küster,
Werden bald die Gäste kommen?
Und mein Bräutigam! o wüßt' er,
Wie ich seiner, liebentglommen,
Bangend harre, wie ich schmachte - -
Klopft er? - Ist er's? - Sachte, sachte
Ungebet'ne sind dabei.
Ei, ei!
Sind die Leichenträger frei.
Legen mich die schwarzen Leute
Einsam in ein enges Bette;
Schleppen sich mit ihrer Beute
Langsam nach der Ruhestätte;
Priester, Bräutigam und Gäste
Singen fröhlich bei dem Feste -
Auch die Rede war vorbei -
Ei, ei!
Nicht ein Tänzlein, oder zwei!
Albert von Chamisso
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