Gedichte für die Goldene Hochzeit
Im November.
Und will heut keine Sonne strahlen
in Euer Jubelfest hinein,
so gebe Gott der Herr den Herzen
der echten Freude Sonnenschein.
Und will nicht Feld und Garten bieten
Zum Festesschmuck der Blumen Glanz,
umschlingt doch von lebend'gen Blüten
Euch hoffnungsreich ein grüner Kranz.
Nicht in des Maien goldnen Tagen
ward einst geschlossen Euer Bund,
das mochte leise Mahnung sagen
an manche ernste, trübe Stund'.
Ihr Habt's gewagt auf Gottes Treue,
die auch den trübsten Tag verklärt,
ihr durftet's wagen ohne Reue,
sie hat bis heute sich bewährt.
Der Euch in Ehren und mit Freuden
zur Heimat einst geführt zurück,
der wird zu gutem Ziele leiten
auch all' der Eurigen Geschick.
Hoch über Lenz und Sonnenscheine,
da bleiben noch der Sterne drei
für uns im seligen Vereine:
der Glaube und die Lieb' und Treu.
Ottilie Wildermuth
Man hört von seltnen Bäumen sagen
In Südens Sonne warm und weich,
die duftig helle Blüten tragen
und goldig süße Frucht zugleich. -
Wir brauchen nicht so weit zu gehen
Zum fernen Land Italia,
so reich geschmückte Bäume stehen
auch in der deutschen Heimat da:
Bei goldenem Fest in Silberhaaren,
auch wenn der Frühling längst verblüht,
und über viel geliebte Bahren
der kühle Wind des Herbstes zieht,
wo Kind und Kindeskind Euch grüßen,
und Eures alten Hauses Raum
recht wie ein frischer Kranz umschließen,
das ist der rechte Wunderbaum.
Auf's neue weihtr Euch Gottes Segen,
der einst zusammen Euch geführt,
der auch auf harten, steilen Wegen
Euch wunderbar und wohl regiert,
er weiht nicht junger Liebe Flammen
für eine kurze Lebenszeit,
er gebe tröstend Euch zusammen
für eine sel'ge Ewigkeit!
Ottilie Wildermuth
des Freiherrn-Paares Max und Anna du Prel.
Wenn ein beschütztes Jubelpaar
Den gold'nen Hochzeitstag begeht,
Und es nun nochmals am Altar,
Jedoch in weißen Haaren steht -
Wenn es der Wonnen all' gedenkt,
Die ihm der Segensbund gebracht,
Und feucht sich doch die Wimper senkt,
Da alter Schmerz ihm neu erwacht:
Wohl ziemte da ein Feierklang,
Der himmlisch mehr als irdisch rauscht,
Ein leis verhallender Gesang,
Wann es vor Gott die Ringe tauscht.
Doch da hienieden in der Zeit
Das Gleichniß für Vollendung steht,
Sei diesem Fest ein Gruß geweiht,
Der Hauch ist und als Hauch vergeht.
Martin Greif
zum Hochzeitsfest am 8. März 1880.
Daß er bei euch im Geist verweilt
In dieser Lebensstunde,
Verbürgt, der manch Geschick getheilt,
Der Freund dem Freund im Bunde.
Nun möchte wohl der Sänger auch
An solchem Tag erscheinen
Und, wie von Alters her der Brauch,
Den Glückwunsch mit vereinen.
Doch hat in Winters Ungemach
Die Muse ihn verlassen,
Er fühlt in sich die Kraft zu schwach,
Um sein Gefühl zu fassen.
So sendet er in altem Wort
Euch seines Herzens Segen:
Geleite Gott euch fort und fort
Auf allen euren Wegen!
Martin Greif
am 22. März und zu meines Vaters diamantenem Doktorjubiläum am 14. März 1872.
Sechzig Jahre bist du Doktor, fünfzig Jahr' seid ihr vemält!
Himmel, welch ein Schatz des Lebens sich in diesem Wort erzält!
Du, du bist der alte Ringseis; wer dies sagt, der sagt genug;
Du, die einst er sich erwälte, schön und sittig, treu und klug.
Manch ein Lied hab' ich gesungen; sing' ich nicht mein schönstes heut?
Doch versigelt ist die Lippe, wie's mein Inn'res mir gebeut.
Gieb uns, Elternpaar, den Segen, schweigend knie'n die Töchter hier;
Nur Ein Wort ja löst die Zungen: "Großer Gott, Dich loben wir!"
Emilie Ringseis
des freiherrlichen Jubelpaares Walter und Fanny von Grainger in Sitz-Erding.
1. Ein Gespräch.
Die Zeit (tritt auf).
Ich bin die Zeit. Ja, das ist schnell begriffen!
Wer spräche nicht von meiner Lust und Pein!
Von Allen, die mein weites Meer durchschiffen,
Kennt mich ein Jeder, Jeder teilt mich ein.
Ich aber ach begreif' mich selber nicht,
Ich ird'sche Zeit, von der doch Jeder spricht.
Bald quält mich Sättigung, bald wied'rum Leere;
Die Zeit wird mir, der Zeit, oft schrecklich lang.
Und daß ich mich in gier'ger Hast verzehre,
Das macht, ich schwör' es, mir nicht minder bang.
Denn vorwärts, vorwärts treibt es mich allzeit,
Ein tollgewordnes Stückchen Ewigkeit.
Obschon ich hier euch wol zu rasten scheine,
Mit raschem Fittich trägt euch hin mein Flug;
So, weil kein Wanken fühlbar am Gesteine,
Nicht merket ihr der Erde raschen Zug.
Es ward noch Niemand, nicht mir selber klar,
Was ich denn bin, will werden oder war.
Ja, könnt' ich nur einmal mich selbst begreifen,
Vielleicht wär' ich erlöst vom steten Schweifen!
Die Liebe (tritt auf).
Zeit, launisch undankbar! Torheit dein Wesen!
Sonst wärst du lang von solchem Gram genesen.
Gab ich, die Liebe, nicht dir Maß und Fülle,
Den Keim der Ewigkeit in ird'scher Hülle?
Was treibst du hier?
Die Zeit.
Fürwahr, seltsame Frage!
Gilt dir allein das Fest vom heut'gen Tage?
Es gilt der Lieb' in fünfzigjähr'ger Zeit.
Du kamst, um deinen Segen neu zu sprechen;
So darf es dir an Zeit ja nicht gebrechen.
Ich eile heut mit Weile. Steh bereit!
Sonst wird mir bang, daß unser Diskutiren
Am ersten Tag der zweiten fünfzig Jahr'
Die Zeit lang macht dem goldnen Jubelpaar.
Sag deinen Spruch her, ich will dir souffliren;
Denn wenn die Lieb' im Texte stecken blieb',
Das wär' ein Spaß, der schlecht die Zeit vertrieb'.
Die Liebe (tritt vor).
Ja, die Liebe, so euch führte diese gottbescheerten Jahre,
Hat den Segen heut erneuert, den sie sprach am Traualtare;
Nicht die Liebe, so aus flüchtig heißen Wünschen nur entspringt
Und im ernsten Kampf des Lebens leicht verflattert, leicht verklingt;
Nein, die Liebe, die sich freudig heil'ger Pflicht vor Gott vermält
Und in solchem Gottessegen sich zu jedem Kampfe stält.
Anders zeigt sich ja das Leben, als die heit're Jugend träumt,
Der selbst jedes graue Wölkchen sich mit Morgenrot umsäumt:
Mutig Tragen und Entsagen heischet auch der schönste Tag;
Glücklich, wer in rechtem Ehbund solche Kunst erlernen mag!
Sei der Mann dem Weib vermälet, sei's die Nonne Gott dem Herrn,
Sei's der Priester der Gemeinde, der Beruf'ne seinem Stern, -
Einem Liebesbund der Pflichten weih' sich jedes Menschenherz,
Nur in solchem Liebesehbund ringen Geister himmelwärts. -
Jenes Glück, da treue Seele sich an treue Seele schloß,
Der sie leitend und geleitet ward ein tapfrer Kampfgenoß,
Jenes Glück habt ihr gefunden, habt's erprobt durch fünfzig Jahr';
Lang genieß es noch in Frieden, edles, teures Jubelpaar!
2. Toast bei der selben Gelegenheit.
Von der Eltern goldnem Feste
Kommen wir zu Eurem Fest,
Ließen unser altes Pärlein
Still vergnügt im heim'schen Nest.
Mächtig Euch voraus an Jahren,
Schlossen doch im gleichen Jahr
Achtzehnhundertzweiundzwanzig
Sie den Ehbund am Altar.
In des eignen Stübleins Ecke,
Denk' ich, sitzen sie vertraut,
Trinken Euer Wol in Rührung,
Goldne Bräutigam und Braut!
Möchten gern Euch zum Exempel
Werden in der Jahre Zal,
Lang noch das Exempel streckend,
Wenn es also Gottes Wal.
In des alten Pärleins Namen
Bringen wir den Glückwunsch dar,
Und von drüben hallt es kräftig:
Vivat hoch das Jubelpaar!
Emilie Ringseis
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