Reime zur Hochzeit



von Simon Dach (1605-1659)


Brauttanz

(Ohne Jahr. Abschriftlich.)

Junge Leut' entschuldigt man,
Lieb' und Lust steht ihnen an
Wie dem Gold ein Demantstein,
Wie die Süßigkeit dem Wein,
Wie dem Felde Gras und Kraut,
Wie ein schönes Kleid der Braut,
Wie dem Held ein freier Muth,
Wie ein Federbusch dem Hut.

Ob die Zeit weint oder lacht,
Was Gestirn und Himmel macht,
Ob sich rollet alle Welt,
Was das Korn im Lande gelt',
Was der Alten Urtheil spricht -
Danach fragt die Jugend nicht,
Sondern liebt und freut sich satt,
Wenn sie Fug und Mittel hat.

Schilt sie wer in diesem Stück,
Der gedenke doch zurück,
Ob er jung ein faules Blei
Oder Klotz gewesen sei.
Wer ihr Scherz und Liebe wehrt,
Ist in der Natur verkehrt,
Welche steif in aller Welt
Ueber solche Satzung hält.

Weicht sie aus der Unschuld nicht
Und der Zucht gibt ihre Pflicht,
Hat man ihr es zu gestehn,
Kann sie auf dem Kopf auch gehn.
Was dies kurze Leben ziert,
Sorg' und Furcht von hinnen führt,
Saiten, Tanz, Gelag und Wein,
Scheint ihr Eigenthum zu sein.


Hochzeitlied

(1647. Auf Georg Andressen und Marie Salbert's Hochzeit)

Wenn ich in dem Wiesenschnee
An des Pregels Rande geh',
Einen guten Reim zu faßen,
Und den nördlich kalten Ost,
Jetzt den Stadt- und Landestrost,
Ziemlich mich durchwehen laßen;

Steckt denn spät des Himmels Haus
Sein bewölktes Nachtlicht aus,
Das mich heim zu gehen zwinget:
Wer begreift die Lieb' und Zier,
Die durch meine Kinder mir,
Wenn ich komm', entgegen springet?

Dieses krahlt nach aller Lust
An der mütterlichen Brust,
Dieses reitet auf dem Stecken,
Jenes tanzt und jauchzt mir zu:
Steinern ist, dem das nicht Ruh
Oder Freude kann erwecken.

Sonst ist, der an Kinder Statt
Seine Lust am Weibe hat,
Das sein Herz ihm eingenommen,
Was hat Euch ergetzt bisher,
Freund, wenn Ihr von Unlust schwer
Aus der Canzelei seid kommen?

Zwar nach großer Arbeit Last
Kann man anderweit auch Rast,
Nicht nur bloß in Heirath, finden:
Bücher, Freunde, Spiel und Wein
Können auch wol Mittel sein,
Wodurch Gram und Unmuth schwinden.

Und Catull ist einig froh
Ueber seinen Sirmio,
Wenn er es in Wolfahrt schauen
Und ohn' Sorg' hie schlafen kann,
Auf den Weg, den er gethan
Fern in die Bithyner Auen.

Aber nichts, auch was es sei,
Kommt gewünschter Heirath bei.
Sie kann uns der Müh gelosen,
Ist ein Bild der Ewigkeit;
Hegt sie Dornen jederzeit,
Ei, sie trägt auch schöne Rosen.

Die nimmt nun durch keusche Brunst
Euch auch, Freund, in ihre Gunst,
Will Euch endlich Ruh verschaffen;
Legt Euch in gewünschter Treu'
Einen Bettgenoßen bei,
Daß Ihr nicht allein sollt schlafen.

Ist es etwas spät geschehn,
Also hat es Gott versehn,
Der die Herzen pflegt zu paaren.
Greift Euch desto beßer an,
Daß man kürzlich sehen kann,
Hungern sei nicht Brod besparen!


Hochzeitscherz

(1643. Auf Reinhold Nauwerck's und Barbara Witpahl's Hochzeit.)

Ei noch eins, ihr Heirathsaiten!
Vor den lieben Neujahrszeiten
Singet ihr mir doch nicht mehr.
Fort! Ihr thut nichts ungebeten;
Was in diesen dreien Städten
Tugend liebt, gibt euch Gehör.

Preußen wird nicht von euch schweigen,
Meiner wohlbespielten Geigen
Wartet keine Grabesnoth,
Legt' ich mich gleich heute nieder;
Der Poeten weise Lieder
Reißen durch Welt, Zeit und Tod.

Ich bin da hinauf gestiegen
Wo kein Neid mir nach kann fliegen,
Und verlach' es allermeist,
Wenn sich Misgunst läßet blicken
Und wo hinter meinem Rücken
Ihr vergiftes Maul zerreißt.

Braut und Bräut'gam, seid gewogen!
Euch zu Ehren spielt mein Bogen
Fast ohn' Zuthun meiner Hand;
Baß ist nie mein Reim gefloßen,
Durch und durch werd' ich begoßen
Durch Parnassus' reichen Strand.

Fernt mich von den Midaskindern,
Die den Lauf der Tugend hindern!
Laßt auch die weit von mir sein,
So der Heirath ganz entsagen;
Dies Volk kann ich nicht vertragen,
Habe nichts mit ihm gemein.

Was von Jungfern und Gesellen
Sich nicht will entgegen stellen
Der vergönnten Venuszucht
Und in Amor's strengen Schulen
Ungestraft und keusch zu buhlen
Unterricht und Uebung sucht,

Kommt! Faßt, fertig euch zu wenden,
Bunt gepaart, euch bei den Händen!
Merkt voraus auf mein Geheiß:
Braut und Bräut'gam müßt ihr bitten,
Daß sie treten in die Mitten;
Nachmals schließet einen Kreis.

Also Halt' es deinen Gästen,
Liebster Bräut'gam, ja zum Besten,
Küss' die Wangen deiner Braut,
Küss', es steht in deinen Mächten!
Tanzt ihr andern nach der Rechten,
Tanzt und singet überlaut!

So, ergetz' dich bester Maßen,
Küss', ein Andrer muß es laßen.
Doch kommt Aller Glück heran;
Niemand mag so elend leben,
Dem sein Theil nicht wird gegeben,
Daß er künftig küssen kann.

Bräutlein, küss' den Bräut'gam wieder,
Fort, nicht schlag' die Augen nieder,
Niemand sieht es! Mittler Zeit
Wollen wir ein malchen trinken.
Recht so! Ihr tanzt nach der Linken
Und singt ferner allerseit!

Eins ums Ander, Nichts vergebens!
Zwar dem Leben deines Lebens
Ist von dir jetzt dies geschehn,
Doch wenn ist dir der Muth kommen,
Daß du thust, du Bild der Frommen,
Was man nie von dir gesehn?

Harr', die Mutter soll es wißen!
Hat sie dich gelehret küssen,
Sie, der Spiegel aller Zucht?
Ach, du bist versetzet worden
In den kühnen Liebesorden;
Dieser Kuss ist dessen Frucht.

Bräut'gam, nun will dir gebühren,
Mit der Braut den Tanz zu führen;
Nur weich' aus dem Kreise nicht!
Wir indessen wollen stehen
Und die Stimme dir erhöhen,
Die in Freuden also spricht:

Amor schafft dir tausend Schmerzen,
Hüpft und tanzt in deinem Herzen;
Man gibt deine Liebste dir
In die rechte Hand zu faßen,
Und du solltest unterlaßen
Einen Tanz zu thun mit ihr?

Tanz'! Das Wild in dicken Wäldern.
Heerd' und Hirten auf den Feldern
Tanzen um die Sommerzeit;
Auch das Schuppenheer der Fische,
Das Gevögel im Gebüsche
Werden durch den Tanz erfreut.

Tanzen nicht die Sonnenpferde
Gleichfalls täglich um die Erde,
Nächtlich Mond und Sternelein?
Ja man sagt, dies große Ganze
Werd' herumgewälzt im Tanze:
Darum tanzet ihr auch fein!

O, es wollen alle Sachen;
Die du sinnen wirst und machen,
Richtig und im Tanze gehn!
So wird Unfall, Angst und Leiden
Sich von deinem Hause scheiden,
Alles wird gewünschet stehn.

Bräutlein, nun führ' du den Reihen,
Sonsten möchtet ihr euch zweien!
Auf, wir stehn und singen dir:
Tanz' und laß dich fröhlich schauen,
Du, zwar jetzt noch der Jungfrauen,
Aber bald der Frauen Zier!

Führen muß kein Frauenzimmer;
Doch führ' jetzt, und nachmals nimmer!
Frauenbildern stehet zu,
Sich bescheiden führen laßen,
Keiner Herrschaft sich anmaßen,
Sonst verkehrt sich Glück und Ruh.

Schau, der Monde gibt gewonnen
Und weicht gern der großen Sonnen,
Gold geht über Silbers Schein,
Haselstrauch gibt nach der Eichen:
Frauen müßen Männern weichen,
Soll es anders richtig sein.

Aber gnug; du werther Haufen,
Laßt uns nun zusammen laufen,
Jeder halte die er hat!
Keine Noth müß' euch beleiden,
Tanzet euch in Fried' und Freuden
Auch die Nacht durch müd und satt!

Sucht der Bräut'gam abzustehen
Und ist schläfrig, laßt ihn gehen.
Bräutchen, bleib! Du kannst nicht hie
Die Gespielen schon verlaßen,
Bleib die Nacht noch; solcher Maßen
Kommst du nicht mehr unter sie!



(1643. Auf Ludolf Holtorff's und Barbara Nachtigal's Hochzeit.)

Ich mag nicht in euch dringen,
Ihr Saiten, meine Zier,
Ihr wollt mit Gutem singen,
Jetzt aber folget mir!
Ich will mich laßen hören
Dem Bräut'gam und der Braut
Zu sonderlichen Ehren,
Folgt, klinget rein und laut!

Der Bräut'gam ist ergeben
Der Musen edlen Kunst,
Hat durch das Hofeleben
Erhalten Gnad' und Gunst;
Da sind sein eigen worden
Erfahrung und Verstand,
Die Königin aus Norden
Rühmt an ihm Witz und Hand.

Die Braut hat ihre Jugend
Durch unbewegten Schluß
Mit Unschuld, Zucht und Tugend
Verbunden; dessen muß
Bei Fräulein Katharinen,
Der Pfalzgräfin bei Rhein,
Der sie hat wollen dienen,
Ein gutes Zeugnis sein.

Die Einigkeit der Sitten,
Der Sinnen gleiche Tracht
Hat Beider Herz erstritten
Und in die Glut gebracht.
Eins muß das andre lieben,
Es wird der Herrschaft kund,
Auch von ihr unterschrieben:
Das ist der Heirathsbund.

Der Himmel wird für allen
Ersucht um Wolergehn;
Der läßt es ihm gefallen
Und will zu Diensten stehn:
Der Herbstzeit wird genommen
Des Frostes strenger Zwang;
Der Pregelstrom ist kommen
In seinen alten Gang;

Der Tag bricht an von ferne
Durch schönes Morgenroth;
Die Nacht ist voller Sterne,
Die Luft weiß keine Noth.
Mich sollt' es Wunder haben,
Wann dieses große Heer
Der Himmels-Gunst und Gaben
Ein böses Zeichen wär'!

Ich aber wünsch' euch Beiden
Im übrigen dazu
Ganz unbekränkte Freuden
Sammt aller Freud' und Ruh,
Ich, der ich angetrieben
Durch eurer Liebe Macht
Dies Hochzeitlied geschrieben
Heut um die Mitternacht.


Frühlingsgedanken

(1652. Auf Sigismund Pichler's und Elisabeth Bulbeck's Hochzeit.)

Ich grüßt' in diesen Tagen
Das Friedeländer Thor,
Es hatte sechs geschlagen,
Die Sonne stieg empor:
Was sah ich nicht für Freuden?
Der Reif lag um das Gras,
Ein Fink sang auf den Weiden,
Der Pregel stund wie Glas.

Ich war die Brück' hinüber.
Wie sprang das geile Vieh!
Der stolze Stier, ihr Lieber,
Trat mitten unter sie;
Der Hirt hub an zu blasen:
Wie tanzten sie umher
Auf dem bethauten Rasen,
Als wenn es Hochzeit wär'!

Sie wurden ausgetrieben
Dies Jahr zum ersten mal,
Nachdem sie lang geblieben
In ihrem finstern Stall.
Ich sprach: Der Freiheit Gaben
Thun diesem Vieh auch wol;
Wer dieses Gut kann haben,
Ist alles Reichthums voll.

Und hätt' ich Goldes Tonnen,
Und was des Pregels Rand
An Schätzen hegt, gewonnen,
Säß' aber eingespannt
Und könnte mich nicht retten
Aus Sorgen, Furcht und Pein,
Ich würd' in güldnen Ketten
Dennoch ein Sklave sein.

Wollt' ich ein Vöglein schließen
Gleich in ein silbern Haus,
Der Freiheit zu genießen
Sehnt es sich doch hinaus;
Die Schätze sammt den Würden
Sind ein geschminkter Schmerz,
Sind Dienst und schwere Bürden;
Ich lob' ein freies Herz.

Ein unschuldreiches Leben,
Das sich des Herren Zucht
Gehorsam untergeben
Und ihm zu dienen sucht -
Kann ich nur den Schatz werben
Und, nimmt der Tod mich hin,
Ihn laßen meinen Erben,
So hab' ich gnug Gewinn.

Wir reisen hin und wieder
Weit über Land und See,
Vernützen unsre Glieder,
Thun unserm Herzen weh;
Das wahre Gut zu kriegen,
Das uns in uns nur führt
Und ewig kann begnügen,
Wird wenig Fleiß gespürt.

Laßt bleiben, lieben Leute,
Das reiche Morgenland,
Steht nicht nach großer Beute
Fern um Hydaspes' Strand;
Ein Jeder thu die Reise
Tief in sein Herz hinein,
Das laß er alle Weise
Von Schuld gesäubert sein!

Und dann erst wird er finden
Das bodenlose Gut,
Das nimmermehr kann schwinden:
Den allzeit freien Muth;
Ihm ist kein' Pracht, kein Prangen
Auf aller Erden gleich,
Wer diesen Schatz kann fangen,
Hat erst ein Königreich.

Wie kommt dies Eurer Liebe,
Hochwerther Bräut'gam, bei?
Ach Euer Haus war trübe
Und eine Wüstenei,
Seit Euer Herz verstorben;
Ihr lebtet als im Bann,
An Sinn und Geist verdorben
Und ein gefangner Mann.

Jetzt aber legt Ihr nieder
Den trüben Wittwerstand,
Freit Eure Freiheit wieder
Durch dieses Heirathband.
Auf Eurer Liebsten Sinnen
Ist Euer Sinn gestellt,
Ihr laßt Euch sie gewinnen,
Sie, Euer freies Feld.

Entsagt nun allem Leiden,
Nehmt Eurer Freiheit wahr,
Gebraucht Euch ihr in Freuden,
Sie krön' Euch immerdar!
Laßt fremdes Urtheil streichen,
Folgt Euerm Rath allein,
Der nach so manchen Zeichen
Nichts kann als Wolstand sein.


Brauttanz

(1656. Auf Daniel Gericke's und Marie Rothhausen's Hochzeit.)

Umgebet euer Leid
Jetzt mit gewißen Schranken!
Du grüne Sommerzeit,
Vertreib uns die Gedanken;
Dies ist der kurzen Freuden Art,
Sie hat nicht lange Ruh:
Auch du bereits nimmst deine Fahrt
Der Wage wieder zu.

Mach' Anstand mit der Noth,
Die wir bisher gescheuet;
Die Zeitung auch sei todt
Und Alles, was sie dräuet;
Was künftig kommen soll, laß sein,
Gib jedem seine Frist;
Gnug, daß man fühlen muß die Pein,
Wenn sie vorhanden ist.

Laß sich des Himmels Haus
Mit weißer Seide kleiden;
Halt an den Sturm voraus
Bei diesen Hochzeitfreuden!
Es werde nichts als Lust und Ruh
Auf diesen Tag geschaut;
Weh' alle Huld und Liebe zu
Dem Bräut'gam und der Braut!

Sieh ihre Gaben an,
Erkenn', ob auch auf Erden
Was Angenehmers kann,
Als sie, gepaaret werden.
Gott hat in ungefärbter Treu'
Selbst sie zuhauf gebracht,
Kein Plato hätte diese Frei',
Kein Sokrates erdacht.

Drum laß den Liebeswind
Durch beider Herzen dringen
Und ihn, das Freudenkind,
Den Brauttanz, heller klingen!
Thu auf, o Himmel, deinen Schooß,
Laß dich mit ihnen ein
Und mach', daß sie an Samen groß
Und reich an Gütern sein!


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